Epoxidharzbeschichtungen – Langjährig bewährte Oberflächenqualität für den Trinkwasserbereich
Epoxidharze sind hochwertige Polymerwerkstoffe, die sich seit den späten 1950er Jahren aufgrund ihrer variablen Eigenschaftsprofile viele technisch anspruchsvolle Anwendungsbereiche erobert haben. Ihre Anwendung in flüssiger Form ermöglicht die Verwendung in spachtelbarer, streichbarer und spritzbarer Form sowie auch als selbstverlaufende Bodenbeschichtungen und Bindemittel für hochwertige Faserverbundwerkstoffe. In Kombination mit der Eigenschaft, dass die Epoxidharze als 2-komponentige Additionskunststoffe auch in dicken Schichten ohne Probleme schnell aushärten, eröffnet sich ein weit gefächertes Spektrum an Werkstoffen für die Sanierung und das Erstellen trinkwasserberührter Oberflächen. Die erwünschten glatten und resistenten Oberflächen von Folien- und Plattenauskleidungen lassen sich bei Epoxidharzsystemen mit den Vorteilen von Vollverbundsystemen (keine Hinterläufigkeit, Untergrund- und Oberflächenschutz im System enthalten und kontrollierbar) kombinieren. Die niedrige Eigenspannung durch die insgesamt geringe Gesamtschichtstärke, den Mehrschichtaufbau und den im Gelzustand abgebauten Reaktionsschrumpf ermöglichen technisch den Einsatz dieser Systeme auch bei grenzwertigen Untergrundqualitäten.
Uneingeschränkte Modellierfähigkeit und Haftung auf unterschiedlichsten Materialien wie Stahl, Edelstahl, Aluminium und Kunststoffen bedingen ideale Anschlussmöglichkeiten bei Einbauten aus anderen Materialien und optimale Überarbeitungseigenschaften bestehender Beschichtungen z.B. bei baulichen Veränderungen. Dauerhafter und umfassender Schutz des Untergrundes und der Bewehrung vor den physikalischen und chemischen Einwirkungen, die sich aus den unterschiedlichen Betriebsbedingungen ergeben, komplettieren die positiven Eigenschaften dieser Systeme.
In den letzten Jahrzehnten der Anwendung wurden Erfahrungen gesammelt, die in Vorgaben für die technischen Anforderungen an die Materialien (W 300-5), die Verarbeitung der Systeme (W 316) und die Entwicklung neuer Systeme für den Trinkwasserbereich eingeflossen sind. Mittlerweile existieren Systeme, die eine deutlich höhere Toleranz gegenüber ungünstigen Untergrund- und Verarbeitungsbedingungen zeigen. Bereits die älteren lösemittelfreien Systeme, die von der Fa. Vorrink seit Ende der 1970er Jahre entwickelt und eingesetzt wurden, zeigen die technischen Vorteile und die Dauerhaftigkeit dieser Materialklasse, die sie zu einem weitverbreiteten Material für höchste Ansprüche gemacht haben. Am Beispiel eines Projektes aus dem Jahr 1998 sollen die wesentlichen Entscheidungsprozesse aufgezeigt werden, die einen Kunden aufgrund der erzielten Ergebnisse, trotz anfänglicher Vorbehalte, von den Vorteilen der Epoxidharzauskleidung überzeugten.
Langzeiterfahrungen am Praxisbeispiel
Die Wasserspeicher des Wasserverbandes Garbsen-Neustadt a. Rbge in Garbsen (WVGN) wurden 1964/1965 erstellt und 1967 nach dem Auftreten massiver Korrosionsprobleme aufgrund mangelnder Betonüberdeckung im Boden- und Deckenbereich (1100 m²/Behälter) mit einer ca. 0,5 mm dicken Chlorkautschukbeschichtung ausgestattet. Die Wandflächen (1000 m²/Behälter) erhielten eine Kunstharzspachtelung in einer mittleren Schichtstärke von ca. 5 mm und eine anschließende Chlorkautschukbeschichtung. Nach 30 Jahren Betriebszeit zeigte die Chlorkautschukbeschichtung im Boden und Deckenbereich zunehmend Fehlstellen und im Wandbereich traten teilweise die alten Bewehrungsschäden erneut auf, weil die Beschichtung partiell nicht dicht genug aufgebracht war (Abb. 1).
Der WVGN stellte intern den Sanierungsbedarf fest und beauftragte das “Ingenieurbüro für Technik“ ergebnisoffen zu untersuchen, mit welchem System die hygienischen und bautechnischen Ziele einer dauerhaften und pflegeleichten trinkwassserberührten Oberfläche wirtschaftlich zu realisieren ist.
Entscheidungsfindung
Neben dem optischen Eindruck und der technischen Beurteilung der vorhandenen Situation ist die Bewertung der Oberfläche, wie sie nach der Untergrundvorbehandlung vorliegen wird, maßgeblich für eine fundierte Systementscheidung. Aus diesem Grunde entschieden sich AG und Planer für Strahlversuche im Vorfeld.
Strahlversuche Zur Ermittlung des geeigneten Entschichtungs- und Untergrundvorbehandlungsverfahrens wurden Vorversuche mit Hochdruckwasserstrahlen bei ca. 1900 bar und Trocken-Granulat-Strahlen durchgeführt. Die Entfernung der vergleichsweise dicken Chlorkautschuk- und Kunstharzbeschichtung mit dem Hochdruckwasserstrahlverfahren führten zu einem großen Materialabtrag und einer stark strukturierten Oberfläche, bei der erhebliche Reste der Altbeschichtung auf dem Untergrund verblieben (Abb.2/3). Im Vergleich dazu konnte die Beschichtung durch das Festkörperstrahlen nahezu komplett entfernt werden, der Untergrund wurde erheblich weniger geschädigt und wies eine relativ ebene Oberflächenstruktur auf (Abb. 4), die als Folge der vorhandenen Betonqualität aber in vielen Bereichen Kavernen und Kiesnester zeigte. Die erzielten Oberflächenhaftzugfestigkeiten lagen stellenweise mit Werten um 1 N/mm² unterhalb der gewünschten 1,5 N/mm² (Abb. 5).
Für den nachfolgenden Aufbau ist bei dieser Ausgangslage ein spannungsarmes System vorteilhaft. Aus den Strahlrückständen der Versuche wurden die Zusammensetzung der Abfälle und die zu erwartenden Abfallmengen ermittelt.
1.) Hochdruckwasserstrahlen mit Trinkwasser
- 600 m³ Strahlabwasser
- 1 to Strahlschlamm (Decken- und Bodenflächen)
- 10 to Strahlschlamm (Wandflächen)
ca. 1 : 1 Beschichtungs- und Untergrundanteil
2.) Trocken-Granulat-Strahlen mit Hochofenschlacke
- ca. 11 to Strahlabfall (Decken- und Bodenflächen)
- ca. 110 to Strahlabfall (Wandflächen)
930 : 45 : 25 = Strahlmittel : Beschichtung : Beton
Die Rückstände enthielten EOX-, BTX- und PCB-Anteile aus den alten Beschichtungen und waren als Sondermüll zu entsorgen.
Vor diesem Hintergrund wurden sowohl Angebote zur Ausführung mit mineralischen Auskleidungssystemen als auch auf Basis von Epoxidharzbeschichtungen eingeholt. Aufgrund des höheren Bekanntheitsgrades bestanden zu Beginn Präferenzen für mineralische Systeme, um das Ziel einer dauerhaften und hygienischen Trinkwasseroberfläche effizient zu erreichen.
Nach Abwägung aller Aspekte fiel die Entscheidung für das Trinkwasserepoxidharzsystem der Fa. Vorrink. Die ausschlaggebenden Kriterien waren der niedrigere Preis im Gesamtpaket, die Abdichtungsfunktion von Epoxidharz gegenüber Altbeschichtungsresten auf dem Untergrund, die geringe Eigenspannung des Systems und die überzeugende Oberflächenqualität. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit punkten die Epoxidharzbeschichtungen durch den deutlich geringeren Materialeinsatz, die hohe Dauerhaftigkeit, die unproblematische und schnelle Instandsetzung bei zukünftigen baulichen Modifizierungen, die niedrigen Folgekosten durch effektiv und sicher durchzuführende Reinigungen sowie die Unbedenklichkeit der eingesetzten Materialien. Heute zugelassene organische Beschichtungen dürfen nur aus toxikologisch positiv bewerteten Zusatzstoffen bestehen und müssen sehr umfangreiche Migrationsuntersuchungen mit niedrigen Grenzwerten bestanden haben, sodass diese Systeme sehr gut kontrolliert und damit zukunftssicher sind.
Ausführung
Die Untergründe wurden mit Festkörperstrahlen vorbereitet und zeigten nach dem Strahlen Kavernen und Kiesnester bis zu 5 cm Tiefe, teilweise wurde der Bewehrungsstahl freigelegt. Die Menge der tatsächlich angefallenen Strahlabfälle lag geringfügig unterhalb der angenommenen Mengen. Alle verwendeten Materialien stammen aus dem abgeprüften Trinkwasserauskleidungssystem. Die Bewehrungsstähle wurden mit Epoxidharz beschichtet und die Vertiefungen nach Primern des Untergrundes mit Mörtel/Spachtel aus dem Trinkwassersystem verschlossen. Anschließend erfolgte eine zweimalige Spachtelung der Gesamtfläche mit Epoxidharzspachtel, auf die dann eine Deckbeschichtung im Heißspritzverfahren aufgebracht wurde (Abb. 6/7).
Ergebnis
Im Verlauf der nachfolgenden Jahre erfüllte die Beschichtung alle in sie gesetzten Erwartungen.
Es gibt bis heute keine hygienischen Probleme und der Eisen-Mangan Niederschlag auf der Oberfläche ist nicht höher als auf den Edelstahleinbauten (Abb. 8).
Der Anschluss an verschiedene Materialien gestaltete sich unproblematisch und die helle und gleichmäßige Färbung ermöglicht eine einfache Kontrolle von Ablagerungen (Abb. 9/10). Nach mittlerweile 16 Jahren Betriebszeit sieht die Beschichtung aus wie neu. Sie ist sehr einfach zu reinigen und es ergaben sich keine Veränderungen in der Oberfläche. Die gleichen Erfahrungen wurden bei zahlreichen anderen Projekten mit anderen Trinkwassersystemen der Fa. Vorrink gemacht (Abb. 11).
Beschichtung Neubau In den folgenden Jahren wurden weitere Alt- und Neubehälter des WVGN ebenfalls mit Epoxidharz beschichtet. Die Argumentation für die Entscheidung des Verbandes, auch neu erstellte Behälter zu beschichten, gründet sich zum einen auf die positiven praktischen Erfahrungen mit der Epoxidharzoberfläche und zum anderen auf den Fakt, dass das Ziel eine porendichte Oberfläche in Betonbauweise zu erstellen, in der Praxis oft hinter den theoretischen Erwartungen zurückbleibt. Bei dem Neubauprojekt „Erneuerung des Trinkwasserbehälters des Wasserwerkes Forst Esloh des Wasserverbandes Garbsen Neustadt a. Rbge.“ (Abb. 12) wurde im Zuge der Betonierarbeiten eine Musterbetonwand (Abb. 13) mit unterschiedlichen Schalungen erstellt, um die real erzielbaren Oberflächenqualitäten zu beurteilen. Es wurden folgende Schalungen eingesetzt:
- Glatte nicht saugende Schalung (Beton gut und weniger gut verdichtet)
- Entwässerungsspannbahn
- Saugende Glattholzschalung
Nach dem Ausschalen waren folgende Ergebnisse zu beobachten:
Die Oberflächen der glatten, nicht saugenden Schalung zeigten in den Abschnitten mit mangelnder Verdichtung große Lunker und Fehlstellen. Bei sorgfältiger Verdichtung konnte man gelegentliche Lunker und viele kleine Poren an der Oberfläche beobachten (Abb. 14). Die Flächen der Entwässerungsspannbahn hatten optisch eine gute Qualität, ganz vereinzelt waren Lunker und Poren zu erkennen. Die saugende Glattholzschalung zeigte eine porige, jedoch fast lunkerfreie Oberfläche (Abb. 15).
Die erzielte Oberflächenqualität ist neben den eingesetzten Schalungsmaterialien abhängig von Verarbeitungsparametern und der spezifischen Einbausituation vor Ort (Dichte der Bewehrung, Betonrezeptur, Transportbedingungen, Verdichtung, u.a.). Unabhängig vom anschließend aufgebrachten Vollverbundauskleidungssystem muss der Untergrund von der anhaftenden Zementschlämme befreit werden. Die Beurteilung der gestrahlten Oberflächen ergab folgendes Ergebnis. Die glatte nichtsaugende Schalung zeigte Lunker und Poren. Die mit Entwässerungsspannbahn erzeugten Oberflächen zeigten unter der ursprünglich geschlossenen Oberfläche vermehrt Lunker und Poren und die Oberfläche ist deutlich rau. Die saugende Glattholzverschalung führte zu einem gut geeigneten Untergrund für eine anschließende Beschichtung mit wenigen Poren, gleichmäßig rauer Oberfläche und ohne starke Abweichungen in der Struktur (Abb. 14). Neben den Überlegungen und Ergebnissen zu den morphologischen und betontechnischen Eigenschaften der Betonoberfläche spielten auch grundsätzliche Betrachtungen zur Hygiene der Baustoffe eine Rolle. Wenn die geschalte Betonoberfläche für den direkten Kontakt mit dem Trinkwasser vorgesehen ist, muss die komplette Betonmasse zwangsläufig in einer trinkwassertauglichen Qualität erstellt werden. Sicherzustellen, dass unter realistischen Bedingungen angefangen vom Waschen des Kieses, das idealerweise mit Trinkwasser passieren sollte, über die verwendeten Brennmaterialien beim Brennen des Zementes bis hin zu Einflüssen von Schalung, Schalungshilfsmitteln und Nachbehandlungseinflüssen die hygienische Kette nicht unterbrochen wird ist schwierig. Wo kann ggf. ein Bruch in dieser Kette akzeptiert werden? Eine Auskleidung mit Materialien, deren Trinkwassertauglichkeit nachgewiesen ist, mindert die Relevanz dieser Überlegungen.
Regelung und Materialentwicklung